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Zero Waste: Die Vermeidung von Müll
Die Abfallproblematik gilt als weltweite Herausforderung und betrifft nicht nur unseren Plastikmüll. Das Zero Waste-Konzept hat die möglichst komplette Abfallvermeidung zum Ziel.
1. Definition: Was ist Zero Waste?
Der Begriff Zero Waste bedeutet „Null Müll“ und bezeichnet einen Lebensstil, bei dem man versucht, die Entstehung von Müll komplett zu vermeiden. Dabei geht es in erster Linie um eine massive Reduktion, die sich vor allem auf die folgenden vier Felder konzentriert:
- Verpackungsmüll
- Plastik/Kunststoff
- Elektroschrott
- Lebensmittel
Entgegen der allgemeinen Annahme, dass das Leben nach den Zero Waste-Prinzipien zeitintensiv und kostspielig ist, soll das Konzept hingegen Geld und Zeit sparen, indem auf unnötigen Konsum verzichtet wird – man kauft nur noch das, was man tatsächlich braucht. Unter denjenigen, die Zero Waste umsetzen, den sogenannten Zero Wastelern, wird das Konzept auf unterschiedliche Art und Weise gelebt: Einige versuchen, vornehmlich auf Plastik und Einwegmüll zu verzichten, wohingegen andere die Müllentstehung generell vermeiden wollen.
Als Begründerin beziehungsweise Erfinderin vom Zero Waste-Lebensstil gilt Bea Johnson. Die Französin lebt seit 2008 zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern in Kalifornien und das (nahezu) müllfrei: Der gesamte Jahresmüll der Familie passt in ein einziges Einmachglas. Bea Johnson betreibt den Blog Zero Waste Home, aus dem inzwischen ein Buch entstanden ist, und hat bereits zahlreiche Vorträge zur Thematik gehalten.
Bei Zero Waste geht es darum, ein Bewusstsein für die eigenen Bedürfnisse, sein Konsumverhalten und den Umweltschutz zu schaffen. Wie die folgende Grafik zeigt, ist das Hauptziel von Zero Waste, die vorherrschende lineare Wirtschaft in eine Kreislaufwirtschaft umzuwandeln:
Ziel des Zero Waste-Lebensstils ist die Kreislaufwirtschaft.
Durch die Einschränkung des Konsums sparen Sie auf unterschiedliche Weise Geld und Zeit:
- Direkt: Die für Einkäufe aufgewendete Zeit reduziert sich.
- Indirekt: Weniger Besitz muss seltener gesäubert oder repariert werden. Zudem benötigen Sie weniger Platz (Minimalismus) und können gegebenenfalls eine kleinere Wohnung beziehen und somit die Mietkosten reduzieren. Auch das Ordnunghalten fällt einfacher und somit schneller aus.
Das gesparte Geld kann wiederum so eingesetzt werden, dass Sie sich Kleidung und Lebensmittel höherer Qualität (zum Beispiel Bio) leisten können. Qualitativ hochwertige Waren bieten dabei eine längere Lebenserwartung und müssen seltener ersetzt werden.
1.1 Grundsätze von Zero Waste: Die 5 Rs
Bei der Umsetzung von Zero Waste gibt es nach Bea Johnson fünf Grundsätze – die fünf Rs –, die man einhalten sollte:
- Refuse (ablehnen, vermeiden): auf Unnötiges verzichten
- Reduce (reduzieren): den Besitz verringern
- Reuse (wiederverwenden, reparieren): alles so oft/lange wie möglich verwenden
- Recycle (recyceln): nur das Nötigste entsorgen
- Rot (kompostieren): wenn nichts anderes möglich ist, kompostieren
Dabei ist es essenziell, die oben genannte Reihenfolge einzuhalten, um das ideale Ergebnis zu erzielen.
Refuse
Ablehnung und Vermeidung zielen auf unterschiedliche Bereiche ab: Zum einen sollten Sie nur die Dinge kaufen, die Sie tatsächlich benötigen und dem Massenkonsum entsagen. Zum anderen ist es wichtig, darauf zu achten, was und wie man kauft. Anstelle von abgepacktem Obst und Gemüse gelten lose Lebensmittel als die richtige Wahl. Aber auch sinnlose (Werbe-)Geschenke sollten Sie nicht annehmen, denn auch diese verursachen Müll und kurbeln die Produktion von Gütern an, die kaum jemand benötigt. Nur weil etwas gratis ist, benötigt man es nicht und sollte demnach darauf verzichten.
Reduce
Bei der Reduzierung geht es um Gegenstände aus dem Haushalt: Fast jeder besitzt Kleidung, Elektronikartikel oder andere Dinge, die keine Verwendung mehr finden, jedoch durchaus noch gut und brauchbar sind. Diese nicht zu nutzen, bis sie nicht mehr funktionsfähig beziehungsweise zu verwenden oder zu konsumieren sind, stellt ebenfalls eine Verschwendung dar. Dementsprechend sollte man sie dem Warenkreislauf wieder zuführen, indem Sie sie verkaufen oder verschenken, damit sie erneut eingesetzt werden.
Eine Beispiel für Zero Waste: In Unverpacktläden wird alles lose verkauft.
Reuse
Die Wiederverwendung zielt auf den Einsatz von Mehrweg- statt Einwegprodukten ab. Wegwerfartikel erzeugen stets Abfall – meist bereits nach einmaligem Gebrauch. Setzen Sie daher beispielsweise auf einen Thermobecher anstelle eines Pappbechers, der direkt im Mülleimer landet. Zudem können viele Gegenstände zweckentfremdet weiterverwendet werden – unter anderem Marmeladengläser als Vorratsbehälter. Sofern etwas defekt oder beschädigt ist, sollte man stets versuchen, es zu reparieren und so möglichst lange zu benutzen, bevor Sie es ersetzen.
Recycle
Anders als man vermuten könnte, kommt Recyceln erst an vierter Stelle der Umsetzung des Zero Waste-Konzepts. Alles, was sich nicht ablehnen, reduzieren oder wiederverwenden lässt, sollte dem Recycling und so dem Wertstoffkreislauf zugeführt werden. Der Grund für die späte Platzierung des Recyclings ist einfach: Zwar kann somit ein Großteil an Material wiederaufbereitet werden, dennoch gehen auch hierbei Ressourcen wie Strom und Wasser verloren.
Rot
Die unterste, letzte Stufe bildet das Kompostieren. Dies ist nicht nur auf einem Komposthaufen im eigenen Garten, sondern auch in einer Wohnung möglich. Eine sogenannte Wurmbox in der Küche ermöglicht es, Küchenabfälle, die nicht zur Weiterverarbeitung geeignet sind, in Blumendünger umsetzen zu lassen.
1.2 Gründe für den Lebensstil
Laut dem Statistischen Bundesamt produzierte jeder Deutsche im Jahr 2017 462 Kilogramm Haushaltsmüll – insgesamt knapp 38,3 Millionen Tonnen. Trotz der Mülltrennung findet nur ein „Teilrecycling“ statt, da viele Abfälle nicht recycelt werden können und entsprechend auf Müllhalden gelagert oder verbrannt werden. Aber selbst Recycling ist im Sinne von Zero Waste nicht die ideale Lösung, da dafür Ressourcen wie beispielsweise Energie aufgewendet werden müssen und die Materialqualität des Endprodukts schlechter als die des Ausgangsstoffes sein kann. Dementsprechend ist die Müllvermeidung, also Zero Waste, am ressourcenschonendsten.
Zudem stellen Abfall und insbesondere Kunststoff mehrere Probleme dar. Die folgende Tabelle fasst den Sachverhalt zusammen:
Das Problem von Abfall | Das Problem von Kunststoff |
---|---|
Verbrennung von nicht-recyclebaren Stoffen | Kann Weichmacher enthalten, die ins Blut übergehen und hormonell wirken |
Ressourcenverbrauch beim Recycling | Einige Kunststoffe stehen im Verdacht, Fruchtbarkeit einzuschränken und zu Krankheiten zu führen |
Müllhalden sind toxisch (giftig), verursachen Methanausstoß | Plastik verrottet nicht, sondern zerfällt zu immer kleineren Teilchen (Mikroplastik) |
Müll gelangt zudem an verschiedene Orte, an denen er verbleibt (Wälder, Meere etc.) | Mikroplastik kann nicht gefiltert werden, gelangt über Trinkwasser und Nahrung in menschlichen Körper |
Generell zu hohe Müllproduktion, komplettes Recycling aufgrund von Menge nicht möglich | Der Verzicht auf Kunststoff kann laut einem Versuch das NDR die Kunststoffwerte im Blut reduzieren. |
Die Müllproduktion muss von vornherein vermieden werden. |
1.3 Tipps für Anfänger
Um einen Einstieg in die Zero Waste-Lebensweise zu finden, können Sie wie folgt vorgehen:
- Analysieren Sie Ihren Müll: Welche Arten von Müll produzieren Sie am meisten? Wie können Sie dies ändern oder einschränken? Hierbei kann man sich zunächst auf Abfälle konzentrieren, die sich nicht wiederverwenden lassen, – darunter insbesondere Plastik.
- Verzichten Sie auf Verpackungen: Vor allem Lebensmittel in Plastikverpackungen sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Verpackungsmüll wird von vornherein nur produziert, um nach dem Einkauf direkt und ohne weitere Verwendung in der Mülltonne zu enden. Dabei stehen die aufgewendeten Ressourcen und der Nutzen in keinerlei Relation.
- Überdenken Sie Alternativen: Für Betreiber von Zero Waste ist Glas in der Regel deutlich besser als beispielsweise Plastikflaschen (insbesondere PET-Einwegflaschen). Allerdings gilt auch dabei: Ein Glas, das beispielsweise im Pfandsystem wiederverwendet wird, ist besser als eins, das im Glascontainer entsorgt wird.
Achten Sie darauf, Zero Waste so gut es geht in Ihren bestehenden Alltag zu integrieren, damit Sie Spaß bei der Umsetzung haben. Es ist nicht zwangsweise nötig, Kosmetik, Pflegeprodukte oder Putzmittel selbst herzustellen. Stattdessen genügt es zunächst, beim Kauf auf weniger oder unverpackte Alternativen zu setzen. Es geht nicht um totalen Verzicht (auch, wenn dieser ideal wäre), sondern um die großen Auswirkungen, die auch viele kleine Dinge haben.
Insbesondere Anfänger beziehungsweise Einsteiger von Zero Waste sehen sich häufig mit Fallstricken konfrontiert. Zu Beginn ist man hochmotiviert, fällt jedoch auch schnell zurück in alte Verhaltensmuster und verliert die Motivation. Dafür gibt es sowohl interne als auch externe Faktoren. Die folgenden Anfängerfehler lassen sich jedoch einfach vermeiden:
- Übermotivation: Wenn Sie Zero Waste betreiben wollen, sollten Sie realistisch bleiben. Generell ist es nicht schlecht, sich ein idealistisches Ziel zu setzen und seine eigene Müllproduktion der Umwelt zuliebe möglichst stark eingrenzen zu wollen. Allerdings sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Zero Waste nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann, sondern vielmehr ein Prozess ist. Beginnen Sie zunächst mit einem Lebensbereich oder einem Zimmer und weiten Sie die Lebensweise langsam auf Ihren gesamten Alltag aus.
- Entmutigung: Sehen Sie andere Zero Wasteler und Blogger als Inspiration und lassen Sie sich von ihnen nicht überfordern. Jeder beginnt mit kleinen Schritten. Auch negative Kommentare von Freunden oder der Familie sollten Sie versuchen zu ignorieren.
- Stress: Bleiben Sie stets gelassen und nehmen Sie auch Rückschläge in Kauf. Wenn Sie es heute nicht schaffen, Recyclingmüll zu vermeiden, können Sie morgen einen anderen Lösungsansatz ausprobieren.
2. Umsetzung: Zero Waste im Haushalt und beim Einkauf
Wie ein Leben nach dem Zero Waste-Prinzip konkret aussieht, lässt sich anhand zweier Beispiele verdeutlichen.
Mehrweg statt Einweg: Wachstücher, Besteck und Strohhalme aus Bambus lassen sich immer wieder verwenden.
Der Zero Waste-Haushalt
Hier sind in der Regel alle Gegenstände mehrfach verwendbar und kunststofffrei. Einwegprodukte finden sich gar nicht oder kaum:
Header | Header |
---|---|
Plastikstrohhalm, Papierstrohhalm | Strohhalm aus Glas oder Metall |
Plastiktüte | Stoffbeutel |
Zahnbürste (aus Kunststoff) | Holzzahnbürste, Bambuszahnbürste |
Binden, Tampons | Menstruationstasse |
Papiertaschentücher | Stofftaschentücher |
Butterbrotpapier, Alu- und Frischhaltefolie | Wachstücher |
Wegwerfwindeln | Stoffwindeln |
Zudem werden beispielsweise auch Elektrogeräte möglichst lange genutzt. Bei einem Defekt ersetzt man sie dementsprechend nicht gegen ein neues Modell, sondern lässt sie reparieren. Ist eine Reparatur hingegen nicht möglich, wird das betroffene Gerät fachgerecht entsorgt. Darüber hinaus bietet es sich an, bereits beim Kauf auf ökologisch beziehungsweise nachhaltig produzierte Varianten zu setzen.
Der Zero Waste-Einkauf
Beim Einkauf fällt ein Großteil des Haushaltsmülls an, da rund ein Drittel aller Einkäufe lediglich Verpackungsmüll sind. Dazu zählen unter anderem:
- Kartons
- Folien
- Tüten
- Becher
Um solche Abfälle zu vermeiden oder zu reduzieren, können Sie beim Einkauf auf die folgenden Punkte achten:
- Bei Lebensmitteln wie Obst und Gemüse auf unverpackte, lose Ware setzen; wiederverwendbare Obst- und Gemüsenetze mitnehmen.
- Bei Produkten, die nicht ohne Verpackung auskommen (Joghurt, Getränke etc.), Mehrweg statt Einweg bevorzugen; lieber Glas statt Plastik kaufen.
- In Supermärkten einkaufen, die frische Waren wie Fleisch, Wurst und Käse in mitgebrachte Dosen einpacken. Dies geht häufig auch auf dem Markt und in Bioläden.
- Kleidung, Möbel und Haushaltsgegenstände gebraucht (secondhand) kaufen, so wird kein neuer Müll produziert. Möglich über Kleinanzeigen, in Sozialkaufhäusern, auf Floh- und Trödelmärkten etc.
- Kosmetik- und Hygieneprodukte sind meistens verpackt, hier auf Kartons, Papier und Glas statt Kunststoff achten; zum Beispiel festes Shampoo statt flüssiges, Seife statt Duschgel, Cremes in Glastiegeln.
Darüber hinaus gibt es in einigen Städten spezielle Zero Waste-Läden, in denen alle Produkte unverpackt angeboten werden.
Das Prinzip ist einfach: Als Kunde bringt man verschiedene Vorratsgläser oder ähnliche Behältnisse mit, wiegt sie ab und befüllt sie anschließend mit den jeweiligen Lebensmitteln. Anschließend wiegt man die Behälter erneut und zahlt die Differenz, also das Gewicht der Einkäufe, an der Kasse.
Neben der Vermeidung von Verpackungsmüll bietet dies den Vorteil, die exakt benötigten Mengen zu kaufen, wodurch keinerlei Reste entstehen, die entsorgt werden müssen.
Eine weitere Möglichkeit der Müllvermeidung ist das Selbermachen – auch, wenn dies nicht zwangsläufig Teil von Zero Waste ist. Dinge selbst herzustellen, ist deutlich aufwändiger als der der Kauf von unverpackten Waren. Allerdings ist Do-it-yourself (DIY) ein beliebtes Hobby, angesagter Trend und ermöglicht es zudem, die Inhaltsstoffe in Kosmetik frei zu bestimmen. Beispiele für selbst herstellbare Produkte sind:
- Waschmittel
- Spülmittel
- Putzmittel
- Zahncreme
- Deo
- Peelings
Bei Körper- und Gesichtspeelings kann zudem der Kaffeesatz weiterverwendet werden.